Artists & Agents – Performancekunst und Geheimdienste

26. Oktober 2019 - 19. April 2020 Dortmunder U, Ebene 3

 

Im Zentrum der internationalen Gruppenausstellung Artists & Agents – Performancekunst und Geheimdienste steht die Interaktion zwischen Geheimdiensten und Performancekunst – einer Kunstform, die den Geheimdiensten in den sozialistischen Ländern Osteuropas als besonders gefährlich galt. Fast nur in Osteuropa sind die Archive zugänglich und offenbaren die „Zersetzung“ und „Liquidierung“ kritischer Künstler*innen durch die Staatssicherheitsdienste. Dafür mussten die Agent*innen jedoch teils selbst zu ‚Performancekünstler*innen‘ werden. Die von Inke Arns, Kata Krasznahorkai und Sylvia Sasse kuratierte Ausstellung Artists & Agents versammelt z. T. noch nie gezeigte Beispiele künstlerischer Subversion und geheimdienstlicher Unterwanderung. Neuere Arbeiten zeigen: Die Frage nach dem zunehmenden Einsatz geheimdienstlicher Methoden in Politik und Alltag ist hochaktuell.

Die Ausstellung zeigt Arbeiten von Künstler*innen aus Bulgarien, Deutschland, Chile, Kroatien, der Tschechischen Republik, Polen, Rumänien, Russland, Ungarn, und den USA.

Nach 1990 wurden viele Geheimdienstarchive der ehemaligen Ostblock-Länder für die wissenschaftliche Forschung geöffnet. Dadurch war es erstmals möglich, die Dokumentation von Kunst durch Spitzel und die Einflussnahme der Geheimdienste auf künstlerische Arbeiten zu untersuchen. Die Ausstellung will vor allem die Interaktion von Geheimdienstaktionen und Performancekunst zeigen, jener Kunstrichtung, vor der sich die sozialistischen Staaten Osteuropas am meisten fürchteten.

Die Recherche für dieses Projekt hat verdeutlicht, dass die Geheimdienstakten wenig über die Beobachteten, viel hingegen über die Ängste und Strategien der Beobachter*innen offenbaren. Diese Ängste und Strategien, die sich selbst bis in die kleinsten Details dieser Akten zurückverfolgen lassen – Narrative, Wortwahl, Abkürzungen, Satzzeichen und Auslassungen –, sind nicht nur für die Kunstgeschichte von besonderer Bedeutung, sondern leisten auch einen Beitrag zur Sensibilisierung der heutigen demokratischen Gesellschaften für die Gefahren und Warnzeichen von Diktaturen. Die Geheimdienstberichte dokumentieren, zuweilen bis ins kleinste Detail, künstlerische Tätigkeiten; sie sprechen von der Überwachung und „Bearbeitung" („Zersetzung", „Liquidierung") der Künstler*innenszene und geben Informationen über das aktive, operative Eingreifen des Staates in die künstlerische Produktion preis. Allerdings verwendeten nicht nur die Künstler*innen performative Techniken; auch die Agent*innen mussten „performen", um relevante Informationen über Performancekunst zu gewinnen.

Um die Relevanz dieser Fragen für die Gegenwart zu verdeutlichen, findet die Ausstellung 2019–2020 statt, in den Jahren, in denen sich der Fall des Eisernen Vorhangs und die Erstürmung der Stasizentralen zum 30. Mal jährt. In der DDR war es die demokratische Opposition (darunter auch viele Künstler*innen), die 1989/1990 die Stasi-Zentralen stürmte und die Vernichtung der Akten durch Stasi-Mitarbeiter*innen stoppte. Im Vorfeld der Ausstellung wurden umfangreiche und gezielte Recherchen in Geheimdienstarchiven in Ungarn, Polen, der Tschechischen Republik, Rumänien und Deutschland durchgeführt. Die Ausstellung konzentriert sich auf Beispiele aus diesen Ländern aus den Jahren 1960–1990.

Eine Ausstellung des HMKV (Hartware MedienKunstVerein) in Kooperation mit dem Slavischen Seminar der Universität Zürich. Das Projekt basiert auf den Ergebnissen des mehrjährigen Forschungsprojekts des Slavischen Seminars der Universität Zürich „Performance Art in Eastern Europe 1950–1990. History and Theory”, das vom European Research Council (ERC) finanziert wurde.

+++ Ausgezeichnet als "Ausstellung des Jahres 2020" von der deutschen Sektion des internationalen Kunstkritikerverbandes AICA. Zur Pressemitteilung.+++

Gestaltung: Nathow & Geppert, Bielefeld, ng gestaltung.de

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